Oberschlesien ist altes germanisches Siedlungsland. Gerade im
Kreis Oppeln haben Funde der germanischen Besiedlung in überaus reichem Maße
gezeigt und bewiesen, daß der Kreis Oppeln von der frühesten germanischen
Besiedlung an bewohnt war. Die Dorfgemeinde Groschowitz (4 km in südlicher
Richtung von Oppeln entfernt und unmittelbar an der Oder gelegen) kann auf ein
hohes Alter stolz sein. Als ältestes Zeugnis menschlicher Arbeit im ganzen
Oppelner Kreisgebiet ist vor Jahren hier in Groschowitz eine Stielpfeilspitze
aus Stein gefunden worden, die aus der ältesten Steinzeit stammt und etwa 8000
Jahre alt sein dürfte. Dann vermutet man, daß die alte Bernsteinstraße bei
Groschowitz die Oder überquert hat und demnach das Dorf durch den Handel
gewisse Bedeutung erfuhr. Beim Bau der Eisenbahn in den Jahren 1843 – 1846
wurde ein großer Urnenfriedhof der jüngeren Bronzezeit aufgedeckt. Es ist dies
die Zeit der ersten germanischen Ausbreitung und der Auseinandersetzung der
Germanen mit illyrischen Völkerschaften. Im 6. u. 5. Jahrhundert der Zeitwende
rücken die Bastarnen, ein germanischer Volksstamm, in unser Gebiet ein. Die in
den letzten Jahren stattgefundene Ausgrabung, die ein ganzes Urnenfeld mit gut
erhaltenen Gefäßen zu Tage fördern konnte, scheint eine Ansiedlung der
Bastarnen auf Groschowitzer Gebiet aufgedeckt zu haben. Die von Norden her
vordringenden Wandalen haben die Bastarnen verdrängt und im letzten Jahrhundert
vor der Zeitwende unsere Gegend völlig in Besitz genommen. Im Laufe der Zeit
wird die Besiedlung dichter. Jahrhundertelang erklingen auf unseren Fluren
wandalische Lieder, jahrhundertelang pflügt der wandalische Bauer den
heimatlichen Boden. Aus dieser Zeit stammen die meisten vorgeschichtlichen
Funde. Im Osten des Dorfes wurde beim Ausbau der Zementfabrik ein Gräberfeld
aus wandalischer Zeit freigelegt. Eine bronzene Waage für Laufgewicht sowie
zahlreiche Gebrauchsgegenstände und Geräte zeugen für den hohen Stand der
Kultur.[1]
Die auf dem Felde des Bauern Baron am
Ende des vorigen Jahrhunderts aufgedeckten Feuerstellen, die in regelmäßigen Abständen
von etwa 2 Meter reihenweise angelegt waren, scheinen nicht zu einer ständigen
Siedlung gehört zu haben. Der Befund der Feuerstellen besagt, daß diese nur
einmal benutzt worden waren. Es hat den Anschein, als hätten hier Leute auf
einem Marsch gelagert.
Nach Auswanderung der germanischen Völkerschaften scheint unsere
Gegend lange Zeit unbewohnt gewesen zu sein. Die von Osten her langsam
eindringenden Slawen haben sich vornehmlich an Flußläufen und in waldreichen
Gegenden niedergelassen. Das Groschowitzer Gelände war ihnen für eine
Ansiedlung geeignet, denn einerseits reicht die Oder, ein mächtiger Knie
bildend, dicht an den Ort heran, anderseits aber verhindert das Ansteigen des
östlichen Oderufers die so sehr gefürchteten Überschwemmungen. Die Anlage der
slawischen Siedlung hatte vermutlich geringen
Umfang. Sie beschränkte sich wohl auf eine Sippe, von der die
Niederlassung ihren Namen erhielt. Vom 10. Jahrhundert an werden Nachrichten
über unsere Heimat sicherer. Das Dorf gehört zur herzoglichen Kastellanei
Oppeln, dem Verwaltungsmittelpunkte rechtlicher und politischer Art. Da die
Kastellanei Oppeln die älteste Kirche unserer Gegend besessen haben mag,
gehörte Groschowitz wie alle um Oppeln liegenden Ortschaften zu diesem
Pfarrsprengel.
Die größte Umgestaltung erfuhr unser Dorf durch die deutsche
Rückwanderung. Durch die schlesischen Herzöge gerufen, kamen deutsche Bauern,
Kaufleute und Handwerker seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts hierher gezogen,
um sich hier eine neue Heimat zu schaffen. Planmäßig gingen die deutschen
Siedler bei der Gewinnung von Neuland vor: In großen Wäldern, die Oberschlesien
zu drei Vierteln bedeckten, wurden große Lichtungen geschlagen, Sümpfe wurden
trocken gelegt und das ganze Land mit einem Netz von Dörfern überzogen. Die
Dörfer erhielten eine nach Hufen bestimmte Feldmark. Die Anlage des Dorfes
wurde mittels Maßstab ausgesteckt und erhielt eine der deutschen Art
entsprechende Form. Die Felder wurden anteilsmäßig in den verschiedenen
Gewannen an die ansässigen Bauern verteilt. Was aber den deutschen Siedler vor den
slawischen Bewohnern auszeichnete, war die Freiheit seiner Person, seines
Ertrages auf dem Boden, die eigene erbliche Scholle. Die deutschen Bauern
brachten das deutsche Recht mit.
In diese Zeit der Neugestaltung, des Entstehens der neuen
Dorfanlage und der Feldmark, wie wir sie heut noch in der Gewannlage erkennen
können, fällt die erste urkundliche Erwähnung unseres Ortes. Im Jahre 1236
übergibt der Graf Zbrozlaus,
Kastellan von Oppeln, das Gut Steinau der Domkirche zu Breslau.[2]
Man kann aus der Urkunde schließen, daß der Kastellan von Oppeln
in einem persönlichen Verhältnis zu Groschowitz stand. Es ist bedeutsam, daß
gerade in Groschowitz dieses für das Leben des Kastellans wichtige Ereignis
stattfand. Wir können vermuten, daß er das Dorf zu Lehen besaß oder an seiner
Entwicklung besonderen Anteil genommen hat. Auch ist zu vermuten, daß der
Herzog selbst in irgendeiner Form an dem Leben des Dorfes teilnahm, daß er in
der Gegend des Dorfes auf Wildjagd ging oder daß der Besitzer des Dorfes sein
Günstling war. Die erwähnte Schenkung wird vom Herzog Mesko II. von Oppeln (1230 – 1246) in einer Urkunde bestätigt (S.
R. 483). Derselbe Herzog bestätigte die Schenkung im Jahre 1243 ein zweites Mal
mit dem Bemerken, daß der Vater des ausstellenden Herzogs, Herzog Kasimir (1211
– 1230), dem Kastellanen den Markt Steinau geschenkt habe (S. R. 551). Dadurch
wird klar, daß diese Schenkung von besonderer Bedeutung war.
Im Jahre 1240 wurde wiederum eine Urkunde in Groschowitz
ausgestellt, ohne daß der Inhalt zur Dorfentwicklung etwas aussagt. Herzog Mesko spricht den Johannitern das Erbgut
Makau zu (S. R.). Gegen Ende des 13.
Jahrhunderts (1297) lernen wir den urkundlich ersten Besitzer von Groschowitz
kennen. Es ist Jesco derselbe, der in
einer Urkunde des Herzogs Boleslaus
von Oppeln (1281 – 1313) als Zeuge genannt wird (S. R. 2447). Offenbar ist der
genannte Jesko derselbe, der in einer
Urkunde von 1310 als Hofrichter von Oppeln und Getreuer des Herzogs genannt
wird (S.R. 3157).[3] Nochmals
finden wir denselben Jesko in einer
Urkunde von 1312 vor S. R. 3301). In einer Schenkungsurkunde des Herzogs Boleslaus wird Graf Jescho (Jesko) von Groschowitz, herzoglicher Hofrichter, erwähnt.[4]
Wie schon vermutet, können wir
zusammenfassend sagen, daß die Herzöge ihre Hofbeamten zu Besitzern der nahe
bei Oppeln gelegenen Orte gemacht haben. Wir sind nicht in der Lage zu entscheiden,
ob der in der Urkunde des Bischofs Nanker
von Breslau benannte Edle Witko von
Grossowicz aus dem Jahre 1328 (S. R. 4734) ein Verwandter des vorerwähnten Jesco ist. Witko war ehemaliger Schlüsselmeister, wofür wir Schloßverwalter
sagen würden. - 1370 war Witko von
Groschowitz Landeshauptmann von Oppeln. Möglicherweise war dieser ein Sohn des
vorgenannten Witko. Von Herzog Ladislaus II. von Oppeln (1368 – 1401)
sind uns aus den Jahren 1386 bis 1396 vier Urkunden erhalten, in denen Stanimir von Groschouicz und Johann von Groschowicz vorkommen (No.
71, 76, 77, 82 Cod. Dipl. Sil. Bd. VI). Am
22.8.1421 sprach Herzog Bernhard (Bruder des reg. Herzogs Boleslaus V. [1401 –
1437] von Oppeln) mit Rat seiner Mannen in Oppeln einen bemerkenswerten
Vergleich zwischen den Brüdern Dobke
und Groschik von Groschowicz und Heinrich Lancke aus No. 167 Cod. dipl. Sil. Bd. VI).[5] In
dieser Urkunde werden zum ersten Male verschiedene Verpflichtungen der Gemeinde
Groschowitz genannt, die in der späteren Zeit zur Ausbildung der in den
Urbarien zusammengefaßten Rechte und Pflichten führten. Das Hutungsrecht in der
Oderwaldhutung – diese ist in der vorliegenden Urkunde gemeint – geht also auf
das Jahr 1421 zurück.
Herr Dubko, der Erbherr
von Groschowitz, ist ferner in einer Urkunde des Jahres 1422 (Nr. 168, Cod.
Dipl. Sil. VI) genannt. Es handelt sich dabei um eine Krakauer
Schuldverschreibung. Zehn Jahre später stoßen wir wiederum auf einen Erbherrn
des Dorfes Groschowitz, namens Jenko
von Groschowitz, der zusammen mit Jenke Lanka[6]
genannt ist. Beide sind vielleicht Söhne des vorgenannten Herrn Dubko. Daß
ein Erwerb des Dorfes Groschowitz seitens der Herren von Lanka stattgefunden hat, scheint aus dem Auftreten eines Bernhard Lanka von Groschowitz hervorzugehen, der
im Jahre 1446, am 8. Mai zu Oppeln, vor dem Herzog Bernhard von Oppeln (ein
Bruder des regierenden Herzogs von Oppeln Boleslaus VI. (1437 – 1460) und
Strehlitz) erklärt, daß er seinem Vetter Cunrad Lanka 4 Hufen auf seinem Vorwerk, 2 freie und 2 zinsbare, zu
Groschowitz auf Oppelner Gebiet vererbt (Nr. 219, Cod. Dipl. Sil. VI). Wir gehen sicher nicht fehl, wenn wir vermuten, daß Cunrad
von Lanka ein direkter Nachkomme des
Heinrich Lanka war. 1424 wird ein Jeschke von Groschowitz urkundlich
erwähnt. Ob der im Jahre 1443 als Zeuge in einer Urkunde des Herzogs Nikolaus
von Oppeln, eines Vetters des Herzogs Bernhard, benannte Jeschke Groschik[7]
oder der im Jahre 1461erwänte Johann, Jan Groschik[8] in
irgendeiner Beziehung zu Groschowitz standen, wissen wir nicht. Der letzte
oberschlesische Herzog, Johann, (1497 – 1532) muß auch Groschowitz in seinen
unmittelbaren Besitz gebracht haben. 1524 verkaufte er einem Andreas Wienczek 1 Hufe Acker nebst
Zubehör erblich in unserem Dorf. Groschowitz scheint nun Jahrhunderte hindurch
Kammergut geblieben zu sein, 1612 ist es als solches in dem Bierurbarstreit
erwähnt.
Hatten kriegerische Einfälle und Raubzüge, nicht zuletzt die
Hussitenkriege, aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Dorf Groschowitz
betroffen und große Lücken in den Reihen der Dorfinsassen gerissen, wieviel
mehr muß sich der 30jährige Krieg mit seinen Verheerungen auf die Entwicklung
des Dorfes ausgewirkt haben. Die Nähe des Dorfes von der Stadt hat das ihre
dazu beigetragen. Wir können wohl ohne weiteres annehmen, daß das Dorf
Groschowitz des Schicksal der Stadt Oppeln geteilt hat. Auf die unruhigen
Kriegszeiten folgten Zeitabschnitte friedlicher Entwicklung unter
österreichischen Zepter. Kaum war Ruhe eingekehrt, so raffte die Pest im Jahre
1680 fast das gesamte Dorf hinweg. Ein uneingefriedeter Kirchhof mit einer
kleinen Kapelle „Podborny kierchów“ erinnert an dieses Schreckensjahr. An
Stelle der gewalttätigen Plünderung und Brandschatzung traten Ausbeutung auf
dem Wege der Steuergesetzgebung. Unter ihr hatte besonders die Landbevölkerung
zu Leiden.
Ein ganzes Jahrhundert brachte einen ständig zunehmenden Druck der
Steuerschraube. Von allen Steuern war die Accise am meisten verhaßt, die seit
Anfang des 18. Jahrhunderts auf dem Land und in der Stadt eingeführt war. Es
war eine auf alle Eßwaren gelegte Steuer, die den Verkauf dieser Waren von der
Lösung eines Accisenzettels abhängig machte. So betrug beispielsweise die
Kaufaccise für einen Scheffel Weizen 17% des Betrages. Darum standen gerade die
Bauern dem neuen preußischen Regiment mit besonderem Vertrauen gegenüber, hatte
man doch die Meinung, die schlesischen Kriege seien ein Kampf um den
Landbesitz, Ein Geschichtsschreiber der damaligen Zeit äußert sich: „Das
gemeine Volk sei durchaus preußisch“, wobei freilich die Hoffnung auf
Erleichterung der Steuerlasten mit ins Gewicht fiel. Ein Schlagwort aus der
Zeit der preußischen Besitznahme kennzeichnet treffend die Stimmung im Volke:
„Der neue Adler hat nur einen Kopf, der wird weniger fressen als der vorige,
der zwei hatte“. Die militärischen Auseinandersetzungen schufen freilich neue
Bedrängnis. 1744 im Dezember vollzog der Prinz von Anhalt in der Nähe von
Oppeln den Oderübergang. Ungarische Husaren hausen in der Oppelner Gegend, wie
die Soldateska des 30jährigen Krieges. Im Januar 1745 wird Oppeln von Preußen
besetzt. Oberst Podewils nimmt eine Säuberung des Umkreises vor. Schon im
Frühjahr desselben Jahres marschiert die preußische Truppe unter Major Herzberg in Richtung Groß-Strehlitz
gegen den ungarischen General Splenyi.
Oppeln bleibt der Ausgangspunkt aller militärischen Unternehmungen von
preußischer Seite. Es ist begreiflich, daß unser Dorf ständig davon berührt
wurde. Ob der große König auf seinen vielen Reisen nach Oberschlesien – es sind
mehr als 40 gewesen – Groschowitz besucht hat, ist uns nicht überliefert.
Nach den Steuerveranlagungen und Katastertabellen erweckt es den Anschein,
als hätte es in Groschowitz kein Handwerk gegeben, da kein einziger Handwerker
im Dorf vorhanden ist. Dieser Zustand wurde wohl zwangsmäßig durch die Dominalverwaltung
herbeigeführt. In dem Katasterverzeichnis von 1743 heißt es: „Die Schmiedearbeit
wird in der Stadt Oppeln oder wo es sonst einem jeden gefallet, gefertigt“. Daß
aber Handwerk vorhanden war, beweist ein Kaufbrief aus dem Jahre 1656, laut dem
Christoph Piekars am 30. April seine
Schmiede zu Groschowitz an Jakob Gemsa
verkauft hat. Es heißt darin: „Am 30. April ist ein Kauf zu Groschowitz
gehalten worden, als es verkauffet Jackob Gemse
seine Schmitte mit dem ganzen Schmiedezeug, ondt dero genuß und gerechtigkeit,
wie es seine Vorfahren genossen und gebrauchet, dem Christof Piekars for eine Summe Geldes benendlich
von einundviertzig Thaler (jeder zu 36 Gr.). Bei diesem Kauf seindt gewesen
Woytek Piechota, Lempart Kanziora ondt Simon Scholze zu Groschowitz.[9]
Aus den Zeiten des preußischen Aufbaues haben wir verschiedene
Zeugnisse über die Dorfverhältnisse. Zimmermann legt die Ergebnisse seiner Erfahrungen in Zahlreichen Bänden
nieder. Über Groschowitz schreibt er: „Groschowitz gehöret zum Amte Oppeln,
liegt ¾ Meilen davon entfernt, im Dorfe ist eine katholische Kirche und Schule,
ein herrschaftliches Vorwerk, eine Wassermühle, 21 Bauern, 16 Gärtner, 19
Häusler und 453 Einwohner.
Wie sah die Situation nach den Napoleonischen Kriegen von 1806 und
1807, 1812 und 1813 aus? Lesen wir, was die preußische Staatszeitung im Jahre
1819 schreibt: „Seitdem ist Nichts wohlfeiler geworden, was die Regierungen in
ihrem Haushalte brauchen. Die Durchschnitts-Preise des Getreides, Fleisches,
Brenn- und Bau-Materials stehen höher; Das Tagelohn ist beträchtlich gestiegen;
die ganze Lebensweise ist kostbar. Fast alle Staaten sind durch schwere Kriege,
geführt um ihre Unabhängigkeit, tiefer verschuldet, als jemals. Der Preußische
Staat insbesondere bedarf gegenwärtig jährlich 10½ Millionen Thaler zur
Verzinsung und allmählichen Abtragung seiner Schulden“.[10]
Über die Besitzverhältnisse, Größe des Dorfes aus der Mitte des
vorigen Jahrhunderts erfahren wir aus Knie und Trist´s Handbüchern: „Die
Feldmark umfaßt 2851 Morgen, welche 18 Ganzbauern, 5 Halbbauern, 16 Gärtnern,
15 Ackerhäuslern und 52 Angerhäuslern gehören“. Das Domänenvowerk, das zum
Domänenpachtamt Sakrau gehört und an Oberamtmann Lennert in Sakrau verpachtet
ist, hat einen Flächeninhalt von 594 Morgen, davon 388 Morgen Acker und 161
Morgen Wiesen. Im Dorf befinden sich 2 Wassermühlen, eine im Dorf, die zweite ½
Meile vom Dorf entfernt, an der kleinen Straße nach Krapitz, zwischen Gräfenort
und Odertal.
Seit dem deutsch-französischen Krieg entwickelte sich die Gemeinde
Groschowitz zu einer ansehnlichen Industriegemeinde. Der wirtschaftliche
Aufschwung begann im Jahre 1872 durch Errichtung einer Zementfabrik. In dieser
Zeit betrug die Bevölkerungsziffer 1135. Es waren 160 Wohnhäuser und 250
Haushaltungen vorhanden. Die Gemeindeverwaltung lag in den Händen des Scholtzen
Franz Datko.
Auf die Landwirtschaft übt die Oder von jeher einen entscheidenden
Einfluß aus. In den Jahren 1854, 1880, 1890, 1902, 1903, 1913, 1926 trat die
Oder mehrmals im Jahre aus ihren Ufern aus und überschwemmte das Groschowitzer
Ackerland weit und breit. Im Jahre 1903 erreichte die Oder einen Höchststand
von 7,65 m. Die Ernte wurde gänzlich vernichtet, die Datko´sche Ziegelei
vollständig zerstört, die Häuser des Gemeindeteils Ockel standen gänzlich unter
Wasser. Zäune und Brücken waren weggerissen und viele unbrauchbar geworden. Den
Verlust der Ernte sowie die sonstigen Schäden suchte die Regierung durch
Geldzuwendungen zu lindern. Weiterhin wurden an die Betroffenen 600 Ztr.
Kartoffeln verteilt. Der durch die Überschwemmung verursachte Gesamtschaden der
Gemeinde belief sich auf etwa 120 000 Mark.
Aus den Jahren 1881 bis 1933 sind folgende wichtige Geschehnisse
hervorzuheben. Im Jahre 1881 wurde die Landstraße von Oppeln bis zum Dorfende
gebaut. Der Bau der ersten Betonstraße, der Oderstraße, erfolgte 1906. Die
Vergrößerung der Fabrik hatte zur Folge, daß 700-800 Personen beschäftigt
werden konnten. Die Volkszählung des Jahres 1885 ergab 1483 in der Gemeinde
wohnende Personen. Weitere Vergrößerungen der Zementfabrik folgten. Im Jahre
1886 herrschte eine große Scharlach- und Diphterie-Epidemie, welche viele
Kinder dahinraffte. 1893 wurde innerhalb der Oderregulierung von Löwen bis
Cosel der Bau einer Schleuse begonnen. Es dürfte in diesem Zusammenhang
interessieren, daß es ein Oderwehr
schon im Jahre 1617 gab. Wir finden in einer Robotnotitz vom 8. 10. 1617
folgende Bemerkung: „Am Oderwehr gegenüber von Winau arbeiteten aus Groschowitz
7 Personen 6 Tage für einen Lohn von 2 Thalern 3 Silbergroschen“. Das Jahr 1895
erwies sich als ein sehr gutes Erntejahr. Die Zementfabrik konnte im Jahre 1897
das 25jährige Bestehen in feierlicher Weise begehen, und es zu einem Volksfeste
ausgestalten. Das 5-millionste Faß Zement wurde versandt. – Die
Jahrhundertwende bekundete sich als ein weniger glücklicher Zeitabschnitt. Von
ruchloser Hand wurden mehrere Brände entfacht, nachdem vorher an die einzelnen
Betroffenen Drohbriefe versandt worden waren. Es brannten die Anwesen der Frau Piechotta (Mühle). Des Josef Schiekierka und Peter Kielbassa, sowie die Besitzung des
Gärtners Martin Drymalla ab. Die Bevölkerungsziffer
hatte das 2. Tausend weit überschritten. Das Jahr 1904 brachte der
Landwirtschaft klimatische Sorgen. Eine lange Trockenheit schuf eine große Notlage.
Kaum hatte sich die Landwirtschaft von diesem Schlag erholt, so trat die Oder
im Jahre 1908 siebenmal aus den Ufern und richtete an Äckern und Wiesen großen
Schaden an. Der Bau der großen Oderschleuse wurde fortgesetzt und nahm noch
mehrere Jahre in Anspruch, bis sie im Jahre 1911 in Betrieb genommen werden konnte. Die Gemeinde zählte annähernd
3 000 Einwohner. In der Nähe des Kirchhofes entstand das Dampfsägewerk Sobczyk-Bartusch.
Der Sommer des Jahres 1914 brachte unserem Vaterland das
schicksalschwere und bedeutungsvolle Ausbrechen des großen Krieges. Wie ein
Gewitter aus heiterem Himmel wurde das deutsche Volk aus seiner unermüdlichen
Arbeit und seinem pflichtbewußten Schaffen gerissen. Mit fröhlichen Liedern auf
den Lippen ging auch die Groschowitzer Jugend in den größten Kampf der
Weltgeschichte und trug in selbstverständlicher Pflichterfüllung dazu bei, das
Vaterland zu schützen. Von den innerhalb eines Jahres ausgerückten 385
Groschowitzer Kämpfern fielen 108 auf allen Kriegsschauplätzen. Die Gemeinde
trug in unermüdlicher Arbeit bei, die Not im Vaterland lindern zu helfen. Es
wurden alle nützlichen Gegenstände in großen Mengen gespendet. An der Zeichnung
der Kriegsanleihe beteiligte sich die Gemeinde mit einem Betrag von 356 200
Mark. Zu der großen Lebensmittelnot die auch unsere Heimat betraf, kam im Jahre
1915 eine große Überschwemmung der Oder, die die Kartoffel- und Rübenbestände
in großem Maße vernichtete. Ein Unstern schien über der Gemeinde aufgegangen zu
sein. Den Verlust glich zwar die gute Getreideernte des Jahres 1917 aus, konnte
leider zur Behebung der allgemeinen Notlage nicht wesentlich beitragen. Das
Heraufschnellen der Lebensmittelpreise im Jahre 1918, verursacht durch das
gewissenlose Treiben von Wucherern und Schiebern, vergrößerte die Not in
unserer Gemeinde.
Die Bestimmung des Versailler Friedensvertrages, daß Oberschlesien
an Polen abgetreten werden sollte, ging gleich einem Weckruf durch unsere
Heimat. Die Zubilligung einer Abstimmung, Das Schicksal des oberschlesischen
Landes zu entscheiden, rief auch in Groschowitz alle heimattreuen Kräfte auf,
sich wiederum in den Dienst der Heimat zu stellen. Auch nach Groschowitz
drangen die Versprechungen der Korfanty´schen Wahlpropaganda. Sie verursachten,
daß Groschowitz sich in zwei Lager spaltete, die offen gegeneinander standen.
Aufgehetzt und betört durch einflußreiche Agitatoren ließen sich manche
Groschowitzer Gemeindemitglieder für
die polnische Sache gewinnen. Da sich am 20. März 1921 die
oberschlesische Bevölkerung eindeutig zu Deutschland bekannte, versuchten die
Polen, durch einen Aufstand im Mai 1921 sich des oberschlesischen Landes mit
Gewalt zu bemächtigen. Vom nahen Annaberg her hörte man in den Maitagen
Kanonendonner und Maschinengewehrfeuer herüberschallen. Der Sieg am Annaberg am
21. Mai war auch für Groschowitz ein Freudentag. An dem Einzug der Reichswehr
in Oppeln nahm die Gemeinde Groschowitz tätigen Anteil.. Die folgenden Jahre
waren für die Gemeinde harte Zeiten, da infolge der Inflation unter den
Bewohnern eine große Geldknappheit herrschte. Der Straßenbau
Groschowitz-Odertal, der Ausbau des elektrischen Dorfnetzes, der Bau der neuen
Pestalotzzischule trugen bei, die Not auf ein erträgliches Maß zu beschränken.
Die große, seit Jahrhunderten nicht dagewesene Kälte des Winters 1929, die am
13. Februar minus 41 C erreichte, vernichtete einen großen Teil der Obstbäume
der Gemeinde. Die folgenden Jahre kennzeichnen sich durch das Wachsen der
wirtschaftlichen Notlage. Die Arbeitslosigkeit stieg von Tag zu Tag. Die
Zementfabrik, das einzige der 9 Werke, das noch im Betrieb war, mußte auch
ihren Betrieb für mehrere Monate im Jahr stillegen. Eine politische Verwilderung,
wie sie bisher noch nicht zu beobachten gewesen ist, trat ein. Aus der Zerrissenheit
des deutschen Volkes bemühten sich 32 politische Parteien Kapital zu schlagen.
All das wirkte sich auch auf das Gemeindeleben aus. Nur dringende und beschleunigte, umfassende Hilfe konnte unser Vaterland vor
dem Sturz in den Abgrund retten.
Um 1830 wird Groschowitz wie folgt
beschrieben:
Groschowitz, Groschowice, Dorf, Regierung und Kreis Oppeln, Süd-Süd-Ost 3/4 Meile, königlich, (Domainen-Amt Oppeln), Ober-Landes-Gericht Ratibor, königl. Domainen-Justiz-Amt Oppeln, (O.S.), 106 Häuser, 1 herrschaftlisches Vorwerk, an der Süd-Seite des Dorfes, 555 Einwohner, (evangelisch 10), 1 katholische Mutterkirche (Archip. Oppeln), 1 katholische Schule, 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer, Patronat für beide königlich, 2 Wassermühlen, a) im Dorfe, b) 1/2 Meile außerhalb an der kleinen Strasse nach Krappitz, zwischen Gräfenort und Przywor
aus
J.G. Knie, J.M.L.Melcher, Geographische Beschreibung von Schlesien preußischen
Anteils, der Grafschaft Glatz und der preußischen Markgrafschaft Ober-Lausitz,
Grass, Barth & Comp., Breslau 1830
[1]
Befinden sich im Museum für Völkerkunde, Berlin
[2] Die in
lateinischer Sprache verfaßte Schenkungsurkunde wurde in Groschowitz
ausgefertigt und hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut: „Ich, Zbrozlaus, Kastellan von Oppeln, gebe
sowohl den Gegenwärtigen, wie auch den Zukünftigen bekannt, daß ich mein Erbgut
Steinau, in dem Markt abgehalten wird, für das Heil meiner Seele und der Seele
meiner Frau und meiner Vorfahren, wie auch Nachkommen, der Kirche St. Johannes
(Domkirche) übergeben habe, unter Vorbehalt jedoch der Nutznießung für mich und
meine Frau von eben dieser Erbschaft, wie lange wir noch leben oder einer von
uns. Ebenso soll, wenn der Letzte von uns sterben sollte, vom Zins des
darauffolgenden Jahres Gedächtnisgottesdienst gehalten werden. Nachher aber
soll die genannte Kirche die eben erwähnte Erbschaft mit allen Rechten
erhalten. Zur Bezeugung und dauernder Festigung dieser Abmachung habe ich diese
Urkunde mit unserem Siegel versehen.“ Hinzugefügt ist fernerhin: „dies ist
geschehen im Jahre des Herren 1236 in Grossowiz
in Anwesenheit des Herzogs Heinrich des älteren, als er aus Krakau
zurückkehrte und meiner Herrin Viola
(1230-39) der erlauchten Herzogin von Oppeln und meines Verwalters Meseco und des ehrwürdigen Vaters Thomas, Bischof zu Breslau (1238-1252)
(des Ausstellers Bruder) und vieler Adliger aus dem Lande des Herzogs Heinrich und aus dem Herzogtum Oppeln“.
Schl. Reg. 482
[3]
Jesco ist die Koseform von „Johann“
[4]
Die Angabe des Liber fundationis: item in Ocoli villa monachorum de Domo Dei
solvitur decima more polonico, valuit quondam marcam bezieht sich auf die
Gemarkung Groschowitz. Unter Ocoli villa ist eine alte – wohl slawische
Ansiedlung zu verstehen, deren Lage der heutige Flurname Ockel bestimmt. Der
Name Ockel bezeichnet eine Flur in der Nähe von Gräfenort, direkt an der Oder
gelegen, gehört heut zur Gemerkung Gottesdorf. Es ist interessant, daß ein Flurname
auf eine alte Ansiedlung hinweist und somit zum letzten Zeugnis einer
vergangenen Zeit wird. Ob die darauf folgende Notiz des Liber Fundationis: item
in Petirczovicz dominus Gerco habet allodium et arat ibi omnes agros et solvit
decimam de omni grano, valet marcom, sich auf Groschowitz bezieht, ist bisher
nicht geklärt worden. H. Markgraf vermutet, daß der genannte Gerco identisch
ist mit dem in den Regesten genannten Gesko (Jesko). Es würde sich in diesem
Falle um ein Vorwerk des am Oppelner Hofe tätigen Hofrichters Jesco – wohl auf
der Flur der Gemeinde Groschowitz – handeln.
[5]
Herr Dobke, Herr Groschik und die ganze Ortschaft Groschowitz sollen all Ihr
Vieh auf der Heide zwischen dem Gute Groschowitz und dem Dorf der Lanka
gelegen, und auch in dem Eichwalde an der Oder gelegen, bis an seine Wiesen,
die da liegen an dem See Goczwinow Jezero
(Im Urbar 1533 lesen wir, daß sich auf dem Gut ein wüster See befand,
der nicht mit Fischen besetzt war. Bei Hochwasser sperrte man ihn zu, so daß
Fische darin zurückblieben (Rep. 35 I 89 b) und auch jenseits des Sees, wo
nicht Wiesen wären. Wenn Eicheln gefallen und geraten seien, sollen sie das
Vieh da nicht hüten bis zu Weihnachten, falls die Eicheln solange da sein
würden. Auch sollen sie in Heinrichs Wäldern alles grüne Holz hauen zu ihrer
Notdurft, ausgenommen Apfelbäume, Birnbäume, Eichen, Linden und Fichten,
Kiefern und Tannen, auch liegende Kiefern haben und führen zu ihrer Notdurft,
aber nicht in die Stadt führen zum Verkauf, und keine stehende Kiefer fällen.
Dafür sollen sie einen jährlichen Zins von 9 Maltern Hafer geben. Als Zeugen
sind Grundherren aus der Oppelner Umgebung genannt.
[6]
Im Urbar von 1533 wird das Gut Lantzky
als wüst bezeichnet. Es handelt sich also bei den Herren von Lanka um die Besitzer einer
Niederlassung, deren letzte Reste das wüste Gut Lantzky ist.
[7]
Vgl. Grünhagen Markgraf „Lehns- und Besitzerurkunde Schlesiens im Mittelalter“
Nr. 35
[8] Nr. 252 Cod. Dipl. Sil. Bd. VI.
[9] Im
Visitationsbericht wird fernerhin der Schmied Jan Przybilla genannt.
[10]
Amtsblatt der Königlich Oppelnschen Regierung 1819, Beilage zu Stück 22.