Zur Geschichte der Gemeinde Groschowitz

Aus einer Festschrift zur 700-jahrfeier 1236 – 1936

der Industrie- u. Landgemeinde Groschowitz OS

 

Oberschlesien ist altes germanisches Siedlungsland. Gerade im Kreis Oppeln haben Funde der germanischen Besiedlung in überaus reichem Maße gezeigt und bewiesen, daß der Kreis Oppeln von der frühesten germanischen Besiedlung an bewohnt war. Die Dorfgemeinde Groschowitz (4 km in südlicher Richtung von Oppeln entfernt und unmittelbar an der Oder gelegen) kann auf ein hohes Alter stolz sein. Als ältestes Zeugnis menschlicher Arbeit im ganzen Oppelner Kreisgebiet ist vor Jahren hier in Groschowitz eine Stielpfeilspitze aus Stein gefunden worden, die aus der ältesten Steinzeit stammt und etwa 8000 Jahre alt sein dürfte. Dann vermutet man, daß die alte Bernsteinstraße bei Groschowitz die Oder überquert hat und demnach das Dorf durch den Handel gewisse Bedeutung erfuhr. Beim Bau der Eisenbahn in den Jahren 1843 – 1846 wurde ein großer Urnenfriedhof der jüngeren Bronzezeit aufgedeckt. Es ist dies die Zeit der ersten germanischen Ausbreitung und der Auseinandersetzung der Germanen mit illyrischen Völkerschaften. Im 6. u. 5. Jahrhundert der Zeitwende rücken die Bastarnen, ein germanischer Volksstamm, in unser Gebiet ein. Die in den letzten Jahren stattgefundene Ausgrabung, die ein ganzes Urnenfeld mit gut erhaltenen Gefäßen zu Tage fördern konnte, scheint eine Ansiedlung der Bastarnen auf Groschowitzer Gebiet aufgedeckt zu haben. Die von Norden her vordringenden Wandalen haben die Bastarnen verdrängt und im letzten Jahrhundert vor der Zeitwende unsere Gegend völlig in Besitz genommen. Im Laufe der Zeit wird die Besiedlung dichter. Jahrhundertelang erklingen auf unseren Fluren wandalische Lieder, jahrhundertelang pflügt der wandalische Bauer den heimatlichen Boden. Aus dieser Zeit stammen die meisten vorgeschichtlichen Funde. Im Osten des Dorfes wurde beim Ausbau der Zementfabrik ein Gräberfeld aus wandalischer Zeit freigelegt. Eine bronzene Waage für Laufgewicht sowie zahlreiche Gebrauchsgegenstände und Geräte zeugen für den hohen Stand der Kultur.[1] Die auf dem Felde des Bauern Baron am Ende des vorigen Jahrhunderts aufgedeckten Feuerstellen, die in regelmäßigen Abständen von etwa 2 Meter reihenweise angelegt waren, scheinen nicht zu einer ständigen Siedlung gehört zu haben. Der Befund der Feuerstellen besagt, daß diese nur einmal benutzt worden waren. Es hat den Anschein, als hätten hier Leute auf einem Marsch gelagert.

 

Nach Auswanderung der germanischen Völkerschaften scheint unsere Gegend lange Zeit unbewohnt gewesen zu sein. Die von Osten her langsam eindringenden Slawen haben sich vornehmlich an Flußläufen und in waldreichen Gegenden niedergelassen. Das Groschowitzer Gelände war ihnen für eine Ansiedlung geeignet, denn einerseits reicht die Oder, ein mächtiger Knie bildend, dicht an den Ort heran, anderseits aber verhindert das Ansteigen des östlichen Oderufers die so sehr gefürchteten Überschwemmungen. Die Anlage der slawischen Siedlung hatte vermutlich geringen  Umfang. Sie beschränkte sich wohl auf eine Sippe, von der die Niederlassung ihren Namen erhielt. Vom 10. Jahrhundert an werden Nachrichten über unsere Heimat sicherer. Das Dorf gehört zur herzoglichen Kastellanei Oppeln, dem Verwaltungsmittelpunkte rechtlicher und politischer Art. Da die Kastellanei Oppeln die älteste Kirche unserer Gegend besessen haben mag, gehörte Groschowitz wie alle um Oppeln liegenden Ortschaften zu diesem Pfarrsprengel.

 

Die größte Umgestaltung erfuhr unser Dorf durch die deutsche Rückwanderung. Durch die schlesischen Herzöge gerufen, kamen deutsche Bauern, Kaufleute und Handwerker seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts hierher gezogen, um sich hier eine neue Heimat zu schaffen. Planmäßig gingen die deutschen Siedler bei der Gewinnung von Neuland vor: In großen Wäldern, die Oberschlesien zu drei Vierteln bedeckten, wurden große Lichtungen geschlagen, Sümpfe wurden trocken gelegt und das ganze Land mit einem Netz von Dörfern überzogen. Die Dörfer erhielten eine nach Hufen bestimmte Feldmark. Die Anlage des Dorfes wurde mittels Maßstab ausgesteckt und erhielt eine der deutschen Art entsprechende Form. Die Felder wurden anteilsmäßig in den verschiedenen Gewannen an die ansässigen Bauern verteilt. Was aber den deutschen Siedler vor den slawischen Bewohnern auszeichnete, war die Freiheit seiner Person, seines Ertrages auf dem Boden, die eigene erbliche Scholle. Die deutschen Bauern brachten das deutsche Recht mit.

 

In diese Zeit der Neugestaltung, des Entstehens der neuen Dorfanlage und der Feldmark, wie wir sie heut noch in der Gewannlage erkennen können, fällt die erste urkundliche Erwähnung unseres Ortes. Im Jahre 1236 übergibt der Graf Zbrozlaus, Kastellan von Oppeln, das Gut Steinau der Domkirche zu Breslau.[2]

 

Man kann aus der Urkunde schließen, daß der Kastellan von Oppeln in einem persönlichen Verhältnis zu Groschowitz stand. Es ist bedeutsam, daß gerade in Groschowitz dieses für das Leben des Kastellans wichtige Ereignis stattfand. Wir können vermuten, daß er das Dorf zu Lehen besaß oder an seiner Entwicklung besonderen Anteil genommen hat. Auch ist zu vermuten, daß der Herzog selbst in irgendeiner Form an dem Leben des Dorfes teilnahm, daß er in der Gegend des Dorfes auf Wildjagd ging oder daß der Besitzer des Dorfes sein Günstling war. Die erwähnte Schenkung wird vom Herzog Mesko II. von Oppeln (1230 – 1246) in einer Urkunde bestätigt (S. R. 483). Derselbe Herzog bestätigte die Schenkung im Jahre 1243 ein zweites Mal mit dem Bemerken, daß der Vater des ausstellenden Herzogs, Herzog Kasimir (1211 – 1230), dem Kastellanen den Markt Steinau geschenkt habe (S. R. 551). Dadurch wird klar, daß diese Schenkung von besonderer Bedeutung war.

 

Im Jahre 1240 wurde wiederum eine Urkunde in Groschowitz ausgestellt, ohne daß der Inhalt zur Dorfentwicklung etwas aussagt. Herzog Mesko spricht den Johannitern das Erbgut Makau zu (S. R.). Gegen Ende des 13. Jahrhunderts (1297) lernen wir den urkundlich ersten Besitzer von Groschowitz kennen. Es ist Jesco derselbe, der in einer Urkunde des Herzogs Boleslaus von Oppeln (1281 – 1313) als Zeuge genannt wird (S. R. 2447). Offenbar ist der genannte Jesko derselbe, der in einer Urkunde von 1310 als Hofrichter von Oppeln und Getreuer des Herzogs genannt wird (S.R. 3157).[3] Nochmals finden wir denselben Jesko in einer Urkunde von 1312 vor S. R. 3301). In einer Schenkungsurkunde des Herzogs Boleslaus wird Graf Jescho (Jesko) von Groschowitz, herzoglicher Hofrichter, erwähnt.[4] Wie schon vermutet, können  wir zusammenfassend sagen, daß die Herzöge ihre Hofbeamten zu Besitzern der nahe bei Oppeln gelegenen Orte gemacht haben. Wir sind nicht in der Lage zu entscheiden, ob der in der Urkunde des Bischofs Nanker von Breslau benannte Edle Witko von Grossowicz aus dem Jahre 1328 (S. R. 4734) ein Verwandter des vorerwähnten Jesco ist. Witko war ehemaliger Schlüsselmeister, wofür wir Schloßverwalter sagen würden. - 1370 war Witko von Groschowitz Landeshauptmann von Oppeln. Möglicherweise war dieser ein Sohn des vorgenannten Witko. Von Herzog Ladislaus II. von Oppeln (1368 – 1401) sind uns aus den Jahren 1386 bis 1396 vier Urkunden erhalten, in denen Stanimir von Groschouicz und Johann von Groschowicz vorkommen (No. 71, 76, 77, 82 Cod. Dipl. Sil. Bd. VI). Am 22.8.1421 sprach Herzog Bernhard (Bruder des reg. Herzogs Boleslaus V. [1401 – 1437] von Oppeln) mit Rat seiner Mannen in Oppeln einen bemerkenswerten Vergleich zwischen den Brüdern Dobke und Groschik von Groschowicz und Heinrich Lancke aus No. 167 Cod. dipl. Sil. Bd. VI).[5] In dieser Urkunde werden zum ersten Male verschiedene Verpflichtungen der Gemeinde Groschowitz genannt, die in der späteren Zeit zur Ausbildung der in den Urbarien zusammengefaßten Rechte und Pflichten führten. Das Hutungsrecht in der Oderwaldhutung – diese ist in der vorliegenden Urkunde gemeint – geht also auf das Jahr 1421 zurück.

 

Herr Dubko, der Erbherr von Groschowitz, ist ferner in einer Urkunde des Jahres 1422 (Nr. 168, Cod. Dipl. Sil. VI) genannt. Es handelt sich dabei um eine Krakauer Schuldverschreibung. Zehn Jahre später stoßen wir wiederum auf einen Erbherrn des Dorfes Groschowitz, namens Jenko von Groschowitz, der zusammen mit  Jenke Lanka[6] genannt ist. Beide sind vielleicht Söhne des vorgenannten Herrn Dubko. Daß ein Erwerb des Dorfes Groschowitz seitens der Herren von Lanka stattgefunden hat, scheint aus dem Auftreten eines Bernhard Lanka von Groschowitz hervorzugehen, der im Jahre 1446, am 8. Mai zu Oppeln, vor dem Herzog Bernhard von Oppeln (ein Bruder des regierenden Herzogs von Oppeln Boleslaus VI. (1437 – 1460) und Strehlitz) erklärt, daß er seinem Vetter Cunrad Lanka 4 Hufen auf seinem Vorwerk, 2 freie und 2 zinsbare, zu Groschowitz auf Oppelner Gebiet vererbt (Nr. 219, Cod. Dipl. Sil. VI). Wir gehen sicher nicht fehl, wenn wir vermuten, daß Cunrad von Lanka ein direkter Nachkomme des Heinrich Lanka war. 1424 wird ein Jeschke von Groschowitz urkundlich erwähnt. Ob der im Jahre 1443 als Zeuge in einer Urkunde des Herzogs Nikolaus von Oppeln, eines Vetters des Herzogs Bernhard, benannte Jeschke Groschik[7] oder der im Jahre 1461erwänte Johann, Jan Groschik[8] in irgendeiner Beziehung zu Groschowitz standen, wissen wir nicht. Der letzte oberschlesische Herzog, Johann, (1497 – 1532) muß auch Groschowitz in seinen unmittelbaren Besitz gebracht haben. 1524 verkaufte er einem Andreas Wienczek 1 Hufe Acker nebst Zubehör erblich in unserem Dorf. Groschowitz scheint nun Jahrhunderte hindurch Kammergut geblieben zu sein, 1612 ist es als solches in dem Bierurbarstreit erwähnt.

 

Hatten kriegerische Einfälle und Raubzüge, nicht zuletzt die Hussitenkriege, aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Dorf Groschowitz betroffen und große Lücken in den Reihen der Dorfinsassen gerissen, wieviel mehr muß sich der 30jährige Krieg mit seinen Verheerungen auf die Entwicklung des Dorfes ausgewirkt haben. Die Nähe des Dorfes von der Stadt hat das ihre dazu beigetragen. Wir können wohl ohne weiteres annehmen, daß das Dorf Groschowitz des Schicksal der Stadt Oppeln geteilt hat. Auf die unruhigen Kriegszeiten folgten Zeitabschnitte friedlicher Entwicklung unter österreichischen Zepter. Kaum war Ruhe eingekehrt, so raffte die Pest im Jahre 1680 fast das gesamte Dorf hinweg. Ein uneingefriedeter Kirchhof mit einer kleinen Kapelle „Podborny kierchów“ erinnert an dieses Schreckensjahr. An Stelle der gewalttätigen Plünderung und Brandschatzung traten Ausbeutung auf dem Wege der Steuergesetzgebung. Unter ihr hatte besonders die Landbevölkerung zu Leiden.

 

Ein ganzes Jahrhundert brachte einen ständig zunehmenden Druck der Steuerschraube. Von allen Steuern war die Accise am meisten verhaßt, die seit Anfang des 18. Jahrhunderts auf dem Land und in der Stadt eingeführt war. Es war eine auf alle Eßwaren gelegte Steuer, die den Verkauf dieser Waren von der Lösung eines Accisenzettels abhängig machte. So betrug beispielsweise die Kaufaccise für einen Scheffel Weizen 17% des Betrages. Darum standen gerade die Bauern dem neuen preußischen Regiment mit besonderem Vertrauen gegenüber, hatte man doch die Meinung, die schlesischen Kriege seien ein Kampf um den Landbesitz, Ein Geschichtsschreiber der damaligen Zeit äußert sich: „Das gemeine Volk sei durchaus preußisch“, wobei freilich die Hoffnung auf Erleichterung der Steuerlasten mit ins Gewicht fiel. Ein Schlagwort aus der Zeit der preußischen Besitznahme kennzeichnet treffend die Stimmung im Volke: „Der neue Adler hat nur einen Kopf, der wird weniger fressen als der vorige, der zwei hatte“. Die militärischen Auseinandersetzungen schufen freilich neue Bedrängnis. 1744 im Dezember vollzog der Prinz von Anhalt in der Nähe von Oppeln den Oderübergang. Ungarische Husaren hausen in der Oppelner Gegend, wie die Soldateska des 30jährigen Krieges. Im Januar 1745 wird Oppeln von Preußen besetzt. Oberst Podewils nimmt eine Säuberung des Umkreises vor. Schon im Frühjahr desselben Jahres marschiert die preußische Truppe unter Major Herzberg in Richtung Groß-Strehlitz gegen den ungarischen General Splenyi. Oppeln bleibt der Ausgangspunkt aller militärischen Unternehmungen von preußischer Seite. Es ist begreiflich, daß unser Dorf ständig davon berührt wurde. Ob der große König auf seinen vielen Reisen nach Oberschlesien – es sind mehr als 40 gewesen – Groschowitz besucht hat, ist uns nicht überliefert.

 

Nach den Steuerveranlagungen und Katastertabellen erweckt es den Anschein, als hätte es in Groschowitz kein Handwerk gegeben, da kein einziger Handwerker im Dorf vorhanden ist. Dieser Zustand wurde wohl zwangsmäßig durch die Dominalverwaltung herbeigeführt. In dem Katasterverzeichnis von 1743 heißt es: „Die Schmiedearbeit wird in der Stadt Oppeln oder wo es sonst einem jeden gefallet, gefertigt“. Daß aber Handwerk vorhanden war, beweist ein Kaufbrief aus dem Jahre 1656, laut dem Christoph Piekars am 30. April seine Schmiede zu Groschowitz an Jakob Gemsa verkauft hat. Es heißt darin: „Am 30. April ist ein Kauf zu Groschowitz gehalten worden, als es verkauffet Jackob Gemse seine Schmitte mit dem ganzen Schmiedezeug, ondt dero genuß und gerechtigkeit, wie es seine Vorfahren genossen und gebrauchet, dem Christof Piekars for eine Summe Geldes benendlich von einundviertzig Thaler (jeder zu 36 Gr.). Bei diesem Kauf seindt gewesen Woytek Piechota, Lempart Kanziora ondt Simon Scholze zu Groschowitz.[9]

 

Aus den Zeiten des preußischen Aufbaues haben wir verschiedene Zeugnisse über die Dorfverhältnisse. Zimmermann  legt die Ergebnisse seiner Erfahrungen in Zahlreichen Bänden nieder. Über Groschowitz schreibt er: „Groschowitz gehöret zum Amte Oppeln, liegt ¾ Meilen davon entfernt, im Dorfe ist eine katholische Kirche und Schule, ein herrschaftliches Vorwerk, eine Wassermühle, 21 Bauern, 16 Gärtner, 19 Häusler und 453 Einwohner.

 

Wie sah die Situation nach den Napoleonischen Kriegen von 1806 und 1807, 1812 und 1813 aus? Lesen wir, was die preußische Staatszeitung im Jahre 1819 schreibt: „Seitdem ist Nichts wohlfeiler geworden, was die Regierungen in ihrem Haushalte brauchen. Die Durchschnitts-Preise des Getreides, Fleisches, Brenn- und Bau-Materials stehen höher; Das Tagelohn ist beträchtlich gestiegen; die ganze Lebensweise ist kostbar. Fast alle Staaten sind durch schwere Kriege, geführt um ihre Unabhängigkeit, tiefer verschuldet, als jemals. Der Preußische Staat insbesondere bedarf gegenwärtig jährlich 10½ Millionen Thaler zur Verzinsung und allmählichen Abtragung seiner Schulden“.[10]

 

Über die Besitzverhältnisse, Größe des Dorfes aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts erfahren wir aus Knie und Trist´s Handbüchern: „Die Feldmark umfaßt 2851 Morgen, welche 18 Ganzbauern, 5 Halbbauern, 16 Gärtnern, 15 Ackerhäuslern und 52 Angerhäuslern gehören“. Das Domänenvowerk, das zum Domänenpachtamt Sakrau gehört und an Oberamtmann Lennert in Sakrau verpachtet ist, hat einen Flächeninhalt von 594 Morgen, davon 388 Morgen Acker und 161 Morgen Wiesen. Im Dorf befinden sich 2 Wassermühlen, eine im Dorf, die zweite ½ Meile vom Dorf entfernt, an der kleinen Straße nach Krapitz, zwischen Gräfenort und Odertal.

 

Seit dem deutsch-französischen Krieg entwickelte sich die Gemeinde Groschowitz zu einer ansehnlichen Industriegemeinde. Der wirtschaftliche Aufschwung begann im Jahre 1872 durch Errichtung einer Zementfabrik. In dieser Zeit betrug die Bevölkerungsziffer 1135. Es waren 160 Wohnhäuser und 250 Haushaltungen vorhanden. Die Gemeindeverwaltung lag in den Händen des Scholtzen Franz Datko.

Auf die Landwirtschaft übt die Oder von jeher einen entscheidenden Einfluß aus. In den Jahren 1854, 1880, 1890, 1902, 1903, 1913, 1926 trat die Oder mehrmals im Jahre aus ihren Ufern aus und überschwemmte das Groschowitzer Ackerland weit und breit. Im Jahre 1903 erreichte die Oder einen Höchststand von 7,65 m. Die Ernte wurde gänzlich vernichtet, die Datko´sche Ziegelei vollständig zerstört, die Häuser des Gemeindeteils Ockel standen gänzlich unter Wasser. Zäune und Brücken waren weggerissen und viele unbrauchbar geworden. Den Verlust der Ernte sowie die sonstigen Schäden suchte die Regierung durch Geldzuwendungen zu lindern. Weiterhin wurden an die Betroffenen 600 Ztr. Kartoffeln verteilt. Der durch die Überschwemmung verursachte Gesamtschaden der Gemeinde belief sich auf etwa 120 000 Mark.

 

Aus den Jahren 1881 bis 1933 sind folgende wichtige Geschehnisse hervorzuheben. Im Jahre 1881 wurde die Landstraße von Oppeln bis zum Dorfende gebaut. Der Bau der ersten Betonstraße, der Oderstraße, erfolgte 1906. Die Vergrößerung der Fabrik hatte zur Folge, daß 700-800 Personen beschäftigt werden konnten. Die Volkszählung des Jahres 1885 ergab 1483 in der Gemeinde wohnende Personen. Weitere Vergrößerungen der Zementfabrik folgten. Im Jahre 1886 herrschte eine große Scharlach- und Diphterie-Epidemie, welche viele Kinder dahinraffte. 1893 wurde innerhalb der Oderregulierung von Löwen bis Cosel der Bau einer Schleuse begonnen. Es dürfte in diesem Zusammenhang interessieren,    daß es ein Oderwehr schon im Jahre 1617 gab. Wir finden in einer Robotnotitz vom 8. 10. 1617 folgende Bemerkung: „Am Oderwehr gegenüber von Winau arbeiteten aus Groschowitz 7 Personen 6 Tage für einen Lohn von 2 Thalern 3 Silbergroschen“. Das Jahr 1895 erwies sich als ein sehr gutes Erntejahr. Die Zementfabrik konnte im Jahre 1897 das 25jährige Bestehen in feierlicher Weise begehen, und es zu einem Volksfeste ausgestalten. Das 5-millionste Faß Zement wurde versandt. – Die Jahrhundertwende bekundete sich als ein weniger glücklicher Zeitabschnitt. Von ruchloser Hand wurden mehrere Brände entfacht, nachdem vorher an die einzelnen Betroffenen Drohbriefe versandt worden waren. Es brannten die Anwesen der Frau Piechotta (Mühle). Des Josef Schiekierka und Peter Kielbassa, sowie die Besitzung des Gärtners Martin Drymalla ab. Die Bevölkerungsziffer hatte das 2. Tausend weit überschritten. Das Jahr 1904 brachte der Landwirtschaft klimatische Sorgen. Eine lange Trockenheit schuf eine große Notlage. Kaum hatte sich die Landwirtschaft von diesem Schlag erholt, so trat die Oder im Jahre 1908 siebenmal aus den Ufern und richtete an Äckern und Wiesen großen Schaden an. Der Bau der großen Oderschleuse wurde fortgesetzt und nahm noch mehrere Jahre in Anspruch, bis sie im Jahre 1911  in Betrieb genommen werden konnte. Die Gemeinde zählte annähernd 3 000 Einwohner. In der Nähe des Kirchhofes entstand das Dampfsägewerk Sobczyk-Bartusch.

 

Der Sommer des Jahres 1914 brachte unserem Vaterland das schicksalschwere und bedeutungsvolle Ausbrechen des großen Krieges. Wie ein Gewitter aus heiterem Himmel wurde das deutsche Volk aus seiner unermüdlichen Arbeit und seinem pflichtbewußten Schaffen gerissen. Mit fröhlichen Liedern auf den Lippen ging auch die Groschowitzer Jugend in den größten Kampf der Weltgeschichte und trug in selbstverständlicher Pflichterfüllung dazu bei, das Vaterland zu schützen. Von den innerhalb eines Jahres ausgerückten 385 Groschowitzer Kämpfern fielen 108 auf allen Kriegsschauplätzen. Die Gemeinde trug in unermüdlicher Arbeit bei, die Not im Vaterland lindern zu helfen. Es wurden alle nützlichen Gegenstände in großen Mengen gespendet. An der Zeichnung der Kriegsanleihe beteiligte sich die Gemeinde mit einem Betrag von 356 200 Mark. Zu der großen Lebensmittelnot die auch unsere Heimat betraf, kam im Jahre 1915 eine große Überschwemmung der Oder, die die Kartoffel- und Rübenbestände in großem Maße vernichtete. Ein Unstern schien über der Gemeinde aufgegangen zu sein. Den Verlust glich zwar die gute Getreideernte des Jahres 1917 aus, konnte leider zur Behebung der allgemeinen Notlage nicht wesentlich beitragen. Das Heraufschnellen der Lebensmittelpreise im Jahre 1918, verursacht durch das gewissenlose Treiben von Wucherern und Schiebern, vergrößerte die Not in unserer Gemeinde.

 

Die Bestimmung des Versailler Friedensvertrages, daß Oberschlesien an Polen abgetreten werden sollte, ging gleich einem Weckruf durch unsere Heimat. Die Zubilligung einer Abstimmung, Das Schicksal des oberschlesischen Landes zu entscheiden, rief auch in Groschowitz alle heimattreuen Kräfte auf, sich wiederum in den Dienst der Heimat zu stellen. Auch nach Groschowitz drangen die Versprechungen der Korfanty´schen Wahlpropaganda. Sie verursachten, daß Groschowitz sich in zwei Lager spaltete, die offen gegeneinander standen. Aufgehetzt und betört durch einflußreiche Agitatoren ließen sich manche Groschowitzer Gemeindemitglieder für  die polnische Sache gewinnen. Da sich am 20. März 1921 die oberschlesische Bevölkerung eindeutig zu Deutschland bekannte, versuchten die Polen, durch einen Aufstand im Mai 1921 sich des oberschlesischen Landes mit Gewalt zu bemächtigen. Vom nahen Annaberg her hörte man in den Maitagen Kanonendonner und Maschinengewehrfeuer herüberschallen. Der Sieg am Annaberg am 21. Mai war auch für Groschowitz ein Freudentag. An dem Einzug der Reichswehr in Oppeln nahm die Gemeinde Groschowitz tätigen Anteil.. Die folgenden Jahre waren für die Gemeinde harte Zeiten, da infolge der Inflation unter den Bewohnern eine große Geldknappheit herrschte. Der Straßenbau Groschowitz-Odertal, der Ausbau des elektrischen Dorfnetzes, der Bau der neuen Pestalotzzischule trugen bei, die Not auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Die große, seit Jahrhunderten nicht dagewesene Kälte des Winters 1929, die am 13. Februar minus 41  C erreichte, vernichtete einen großen Teil der Obstbäume der Gemeinde. Die folgenden Jahre kennzeichnen sich durch das Wachsen der wirtschaftlichen Notlage. Die Arbeitslosigkeit stieg von Tag zu Tag. Die Zementfabrik, das einzige der 9 Werke, das noch im Betrieb war, mußte auch ihren Betrieb für mehrere Monate im Jahr stillegen. Eine politische Verwilderung, wie sie bisher noch nicht zu beobachten gewesen ist, trat ein. Aus der Zerrissenheit des deutschen Volkes bemühten sich 32 politische Parteien Kapital zu schlagen. All das wirkte sich auch auf das Gemeindeleben aus. Nur dringende und beschleunigte,  umfassende Hilfe konnte unser Vaterland vor dem Sturz in den Abgrund retten.

 

 

Um 1830 wird Groschowitz wie folgt beschrieben:

 

Groschowitz, Groschowice, Dorf, Regierung und Kreis Oppeln, Süd-Süd-Ost 3/4 Meile, königlich, (Domainen-Amt Oppeln), Ober-Landes-Gericht Ratibor, königl. Domainen-Justiz-Amt Oppeln, (O.S.), 106 Häuser, 1 herrschaftlisches Vorwerk, an der Süd-Seite des Dorfes, 555 Einwohner, (evangelisch 10), 1 katholische Mutterkirche (Archip. Oppeln), 1 katholische Schule, 1 Lehrer, 1 Hülfslehrer, Patronat für beide königlich, 2 Wassermühlen, a) im Dorfe, b) 1/2 Meile außerhalb an der kleinen Strasse nach Krappitz, zwischen Gräfenort und Przywor

 

aus J.G. Knie, J.M.L.Melcher, Geographische Beschreibung von Schlesien preußischen Anteils, der Grafschaft Glatz und der preußischen Markgrafschaft Ober-Lausitz, Grass, Barth & Comp., Breslau 1830

 



[1] Befinden sich im Museum für Völkerkunde, Berlin

[2] Die in lateinischer Sprache verfaßte Schenkungsurkunde wurde in Groschowitz ausgefertigt und hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut: „Ich, Zbrozlaus, Kastellan von Oppeln, gebe sowohl den Gegenwärtigen, wie auch den Zukünftigen bekannt, daß ich mein Erbgut Steinau, in dem Markt abgehalten wird, für das Heil meiner Seele und der Seele meiner Frau und meiner Vorfahren, wie auch Nachkommen, der Kirche St. Johannes (Domkirche) übergeben habe, unter Vorbehalt jedoch der Nutznießung für mich und meine Frau von eben dieser Erbschaft, wie lange wir noch leben oder einer von uns. Ebenso soll, wenn der Letzte von uns sterben sollte, vom Zins des darauffolgenden Jahres Gedächtnisgottesdienst gehalten werden. Nachher aber soll die genannte Kirche die eben erwähnte Erbschaft mit allen Rechten erhalten. Zur Bezeugung und dauernder Festigung dieser Abmachung habe ich diese Urkunde mit unserem Siegel versehen.“ Hinzugefügt ist fernerhin: „dies ist geschehen im Jahre des Herren 1236 in Grossowiz in Anwesenheit des Herzogs Heinrich des älteren, als er aus Krakau zurückkehrte und meiner Herrin Viola (1230-39) der erlauchten Herzogin von Oppeln und meines Verwalters Meseco und des ehrwürdigen Vaters Thomas, Bischof zu Breslau (1238-1252) (des Ausstellers Bruder) und vieler Adliger aus dem Lande des Herzogs Heinrich und aus dem Herzogtum Oppeln“. Schl. Reg. 482

[3] Jesco ist die Koseform von „Johann“

[4] Die Angabe des Liber fundationis: item in Ocoli villa monachorum de Domo Dei solvitur decima more polonico, valuit quondam marcam bezieht sich auf die Gemarkung Groschowitz. Unter Ocoli villa ist eine alte – wohl slawische Ansiedlung zu verstehen, deren Lage der heutige Flurname Ockel bestimmt. Der Name Ockel bezeichnet eine Flur in der Nähe von Gräfenort, direkt an der Oder gelegen, gehört heut zur Gemerkung Gottesdorf. Es ist interessant, daß ein Flurname auf eine alte Ansiedlung hinweist und somit zum letzten Zeugnis einer vergangenen Zeit wird. Ob die darauf folgende Notiz des Liber Fundationis: item in Petirczovicz dominus Gerco habet allodium et arat ibi omnes agros et solvit decimam de omni grano, valet marcom, sich auf Groschowitz bezieht, ist bisher nicht geklärt worden. H. Markgraf vermutet, daß der genannte Gerco identisch ist mit dem in den Regesten genannten Gesko (Jesko). Es würde sich in diesem Falle um ein Vorwerk des am Oppelner Hofe tätigen Hofrichters Jesco – wohl auf der Flur der Gemeinde Groschowitz – handeln.

[5] Herr Dobke, Herr Groschik und die ganze Ortschaft Groschowitz sollen all Ihr Vieh auf der Heide zwischen dem Gute Groschowitz und dem Dorf der Lanka gelegen, und auch in dem Eichwalde an der Oder gelegen, bis an seine Wiesen, die da liegen an dem See Goczwinow Jezero  (Im Urbar 1533 lesen wir, daß sich auf dem Gut ein wüster See befand, der nicht mit Fischen besetzt war. Bei Hochwasser sperrte man ihn zu, so daß Fische darin zurückblieben (Rep. 35 I 89 b) und auch jenseits des Sees, wo nicht Wiesen wären. Wenn Eicheln gefallen und geraten seien, sollen sie das Vieh da nicht hüten bis zu Weihnachten, falls die Eicheln solange da sein würden. Auch sollen sie in Heinrichs Wäldern alles grüne Holz hauen zu ihrer Notdurft, ausgenommen Apfelbäume, Birnbäume, Eichen, Linden und Fichten, Kiefern und Tannen, auch liegende Kiefern haben und führen zu ihrer Notdurft, aber nicht in die Stadt führen zum Verkauf, und keine stehende Kiefer fällen. Dafür sollen sie einen jährlichen Zins von 9 Maltern Hafer geben. Als Zeugen sind Grundherren aus der Oppelner Umgebung genannt.

[6] Im Urbar von 1533 wird das Gut Lantzky als wüst bezeichnet. Es handelt sich also bei den Herren von Lanka um die Besitzer einer Niederlassung, deren letzte Reste das wüste Gut Lantzky ist.

[7] Vgl. Grünhagen Markgraf „Lehns- und Besitzerurkunde Schlesiens im Mittelalter“ Nr. 35

[8] Nr. 252 Cod. Dipl. Sil. Bd. VI.

[9] Im Visitationsbericht wird fernerhin der Schmied Jan Przybilla genannt.

[10] Amtsblatt der Königlich Oppelnschen Regierung 1819, Beilage zu Stück 22.